Regulatorische Hürden für neue Mobilitätsanbieter in Europa

Die Mobilitätslandschaft in Europa befindet sich im Wandel: Neue Anbieter drängen auf den Markt, innovative Geschäftsmodelle fordern etablierte Strukturen heraus und digitale Plattformen verändern die Art, wie Menschen sich fortbewegen. Doch trotz des technologischen Fortschritts stoßen neue Mobilitätsdienste wie Ridepooling, E-Scooter-Sharing oder Mobility-as-a-Service (MaaS) immer wieder an regulatorische Grenzen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen in Europa sind oft fragmentiert, komplex und nicht auf die Dynamik moderner Mobilität ausgerichtet.
Fragmentierte Gesetzgebung: Jedes Land tickt anders
Ein zentrales Problem für neue Mobilitätsanbieter in Europa ist die fehlende Harmonisierung der Gesetzgebung. Während es auf EU-Ebene gewisse verkehrs- und datenbezogene Richtlinien gibt, liegen viele Zuständigkeiten bei den Nationalstaaten – teilweise sogar auf regionaler oder kommunaler Ebene. Was in einer Stadt erlaubt ist, kann in der nächsten bereits verboten sein.
Ein Beispiel: In Deutschland ist das Geschäftsmodell Ride-Hailing (z. B. UberX) durch das Personenbeförderungsgesetz stark eingeschränkt. In Frankreich hingegen genießen ähnliche Dienste weitreichendere Freiheiten. Diese Uneinheitlichkeit erschwert die Skalierung neuer Mobilitätsdienste erheblich – sowohl technisch als auch wirtschaftlich.
Alt trifft Neu: Veraltete Gesetze bremsen Innovation
Viele bestehende Regelwerke stammen aus einer Zeit, in der Digitalisierung im Mobilitätssektor noch keine Rolle spielte. Das Ergebnis: Neue Angebote werden oft in veraltete gesetzliche Kategorien gezwängt, was zu Widersprüchen und Unsicherheiten führt. E-Scooter mussten in vielen Ländern zunächst als motorisierte Fahrzeuge eingestuft werden – mit allen Auflagen, die sonst für Mopeds gelten. Ähnlich erging es Carsharing-Plattformen, die mit Anforderungen konfrontiert waren, die eher auf Mietwagenfirmen als auf App-basierte Peer-to-Peer-Modelle zutreffen.
Besonders schwierig ist der Umgang mit intermodalen Plattformen, bei denen verschiedene Verkehrsträger und Services kombiniert werden. Das rechtliche Umfeld kann häufig nicht Schritt halten mit der Geschwindigkeit, in der sich Geschäftsmodelle entwickeln.
Datenschutz und Plattformregulierung als Bremsklotz
Ein weiterer Stolperstein liegt im Bereich Datenschutz und Datenzugang. Die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) stellt hohe Anforderungen an neue Anbieter, die personenbezogene Daten erheben, speichern oder weitergeben – etwa zur Routenoptimierung oder zur Einbindung von Drittanbietern. Zwar ist Datenschutz ein wichtiges Gut, doch in der Praxis fehlt oft ein pragmatischer Umgang mit anonymisierten oder aggregierten Mobilitätsdaten, die für die Effizienz und Transparenz von MaaS-Plattformen essenziell wären.
Zudem wird die Regulierung von Plattformen – etwa durch das geplante EU-Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act) – neue Anforderungen an die Interoperabilität, Transparenz und Fairness stellen. Kleine Mobilitätsanbieter könnten durch die regulatorische Last gegenüber etablierten Plattformen ins Hintertreffen geraten.
Lokale Interessen und politische Einflussfaktoren
Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss lokaler Politik und etablierter Verkehrsunternehmen. In vielen Städten stehen neue Mobilitätsformen in Konkurrenz zum öffentlichen Nahverkehr oder zu lizenzierten Taxiunternehmen – was zu politischen Zielkonflikten führt. Städte sehen sich gezwungen, Angebote zu regulieren, bevor sie sich entfalten können. Teilweise entstehen Zulassungssysteme, Fahrzeugobergrenzen oder Abgabevorgaben, die aus Sicht der Anbieter wirtschaftlich kaum tragfähig sind.
Gleichzeitig fehlt in vielen Kommunen das Know-how oder die personelle Kapazität, um innovative Modelle sinnvoll zu bewerten und rechtssicher zu integrieren.
Fortschritt braucht einen flexiblen Ordnungsrahmen
Neue Mobilitätsanbieter leisten einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende, zur Reduktion von Emissionen und zur Entlastung urbaner Räume. Doch um ihr Potenzial zu entfalten, braucht es mehr als nur technologische Innovationskraft – es braucht auch ein zeitgemäßes, flexibles und koordinierbares regulatorisches Umfeld.
Europa steht vor der Herausforderung, den Spagat zwischen Verbraucherschutz, Fairness, Sicherheit und Innovationsförderung zu meistern. Eine stärkere Zusammenarbeit zwischen EU, Nationalstaaten und Kommunen sowie der Dialog mit Start-ups und Plattformbetreibern könnten helfen, Barrieren abzubauen – und die Mobilität von morgen gemeinsam zu gestalten.
Quelle: ARKM Redaktion